Zusammenfassung: Der Artikel erklärt, wie durch eingehende Beobachtung körperlicher Empfindungen die auftauchenden Emotionen zunichtegemacht werden können. Im nächsten Schritt zeigt er Wege auf, wie eine effektivere Arbeit mit Emotionen im Körper aussehen könnte, die bei Therapieverfahren jeder Art nicht nur emotional, sondern auch kognitiv, im Verhalten, in Beziehungen und spirituell bessere Ergebnisse erzielt.
Das Problem
1.1 Wo das Beobachten körperlicher Empfindungen in der Körperpsychotherapie hilfreich sein kann
Körperliche Empfindungen zu verfolgen, erfreut sich bei der Arbeit mit dem Körper in der Psychotherapie zunehmender Beliebtheit und ist in der Tat höchst wirkungsvoll. Wenn das Gehirn bewusst in allen Details verfolgt, was im Körper vor sich geht, geschehen zwei Dinge gleichzeitig: (1) Das Gehirn erhält so mehr Informationen über die Körpervorgänge, und (2) das Gehirn stellt aus den höheren Gehirnregionen mehr neurologische Ressourcen für die Regulation des Körpers bereit. Deshalb kann das gezielte Beobachten körperlicher Empfindungen in Sachen physiologische Regulation außerordentlich wirksam sein. Angesichts dessen, dass klinische Populationen ein immer höheres Ausmaß an physiologischer Dysregulation zeigen, können Tools wie ein Verfolgen körperlicher Empfindungen, das die Regulation fördert, in der Therapie sehr nützlich sein.
Zudem kann das Beobachten körperlicher Empfindungen, da es den Körper stärker in die Regulation bringt, dort auch Schutz und Abwehr gegen Emotionen auflösen und die Emotionen somit leichter zugänglich machen. Daneben kann es für eine gewisse emotionale Regulation sorgen, indem es den Körper stabilisiert, während er einer überwältigenden Emotion ausgesetzt ist. Auch wenn es bei der Arbeit um Emotionen geht, kann es also von großem Nutzen sein, hierbei auch körperliche Empfindungen zu verfolgen.
1.2 Wo das Beobachten körperlicher Empfindungen in der Körperpsychotherapie schaden kann
Je detaillierter verfolgt wird, was im Körper vorgeht, desto stärker wird der Körper in einen Ruhe- und Entspannungszustand herunterreguliert. Ein solcher Effekt mag wünschenswert sein für Menschen, die chronisch unter einem hohen Erregungspegel oder anderen Arten von extremer Dysregulation leiden. Allerdings können hierdurch auch aufsteigende Emotionen im Keim erstickt werden. Ebenso wird womöglich die Entstehung von Kognitionen und Verhaltensweisen beeinträchtigt, die in Bezug auf diese Emotionen relevant sind. Ansätze, die ein detailliertes Verfolgen von Körperempfindungen als primäres Werkzeug benutzen, scheinen sich der Kehrseite dieser Technik aus gutem Grund nicht gewahr zu sein: Das wissenschaftliche Wissen, das erhellen könnte, warum ein detailliertes Verfolgen von Körperempfindungen auftauchende Emotionen zunichtemachen und die Entstehung relevanter Kognitionen und Verhaltensweisen beeinträchtigen kann, scheint sich selbst in Körperpsychotherapiekreisen nicht allzu weit herumgesprochen haben.
1.3 Wie Emotionen im Körper entstehen
Wissenschaftlich betrachtet, aus der Sicht der Emotionsphysiologie, entstehen angenehme Emotionen im Körper dadurch, dass verschiedene Systeme im Körper (etwa das Muskelsystem und autonome Nervensystem) einen Zustand der Regulation erreichen. Unangenehme Emotionen wiederum werden im Körper dadurch hervorgerufen, dass dieser in unterschiedlichem Umfang in Dysregulation und Stress versetzt wird (Damasio, 2004; Sapolsky, 1998). Wem es schwer fällt, sich das vorzustellen, der muss nur daran denken, wie es sich beim letzten Mal anfühlte, verliebt zu sein und wie groß die Stiche im Herzen waren, als diese Beziehung auseinander ging.
1.4 Wie Emotionen und körperliche Empfindungen im Körper zusammenhängen
Betrachten wir uns den Körper, so sind Emotionen auf Körperempfindungen zurückgehende Muster, die einen bestimmten Sinn ergeben. Man kann sie mit dem impressionistischen Gemälde vergleichen, das eine Frau mit einem Sonnenschirm zeigt. Die Tausende von Tupfern, aus denen sich das Bild zusammensetzt, gleichen den einzelnen Körperempfindungen, die auf einer höheren Ebene, im Gehirn, zusammengesetzt und zu einem Ganzen verknüpft werden (Frau mit Schirm). Das Gehirn erstellt unablässig mehr oder weniger detaillierte Landkarten des Körpers (Damasio, 2004). Generell kann man sagen, dass Landkarten höherer Ordnung wie etwa Emotionen theoretisch einfacher im Körper zu spüren sind als die Landkarten niederer Ordnung, die sich auf die einzelnen Körperempfindungen beziehen, aus denen sich die Emotionen zusammensetzen. Aus psychologischer Sicht ist es jedoch schwerer, Emotionen ins Bewusstsein zu holen als die Körperempfindungen, aus denen sie sich zusammensetzen, da emotionale Erfahrungen im Innern der Person und von außen jede Menge Unterstützung brauchen.
1.5 Wie das Beobachten von Körperempfindungen sich störend auf die Emotionen im Körper auswirken kann
Minutiöses, achtsames Beobachten körperlicher Empfindungen (ohne auf diese zu reagieren) mindert den Aufruhr im Körper. Unangenehme Emotionen jedoch sind definitionsgemäß Stress- und Dysregulationszustände im Körper. Von daher ist es zu verstehen, dass der Kunstgriff, auf die Beobachtung körperlicher Empfindungen zu lenken, wenn schwierige Emotionen aufsteigen, genau diese Emotionen noch im Moment ihres Entstehens beeinträchtigen, wenn nicht sogar im Keim ersticken kann. Man kann es damit vergleichen, sich so dicht vor das impressionistische Gemälde zu stellen, dass man nur noch Tupfen wahrnimmt. Die Frau mit dem Sonnenschirm ist nicht mehr da. In der Therapiesitzung führt dieser Effekt mitunter zu dem Missverständnis, die Arbeit in Bezug auf die Emotionen sei damit abgeschlossen, denn sie seien ja nicht mehr vorhanden und der Körper hätte Frieden gefunden.
Aus den gleichen Gründen kann die Strategie, abwechseln die Emotionen und die Körperempfindungen zu beobachten sowie die Strategie, beiden gleichzeitig im Körper nachzuspüren, die auf Emotionen bezogene Arbeit beeinträchtigen. Es gleicht dem Versuch, beim Kochen mehr Feuer zu geben und gleichzeitig die Flamme schwächer zu stellen. Außerdem ist die Kapazität unseres Arbeitsgedächtnisses recht begrenzt. Um würdigen zu können, welche enormen neurologischen Herausforderungen mit diesen Strategien einhergehen, muss man sich nur vorstellen, man wollte gleichzeitig das Bild der Frau mit dem Regenschirm und die ganzen Tupfen sehen, aus denen es sich zusammensetzt oder schnell zwischen beidem hin und her zu wechseln.
1.6 Wie das Beobachten von Körperempfindungen gerade den sensomotorischen Emotionen schaden kann
Im Hinblick auf die Emotionen existiert die Unterscheidung zwischen (1) primären Emotionen (wie Glück und Trauer), (2) sekundären Emotionen, bei denen es sich um Kombinationen von primären Emotionen handelt (wie Angst und Scham, die, wenn sie sich mischen, Schuldgefühle ergeben) und (3) sensomotorischen Emotionen – einer momentanen körperlichen Verfassung, die sich psychologisch zuordnen lässt – etwa in einer Situation ein gutes oder ein schlechtes Gefühl zu haben oder sich auf psychischer Ebene von etwas/jemandem angezogen oder abgestoßen zu fühlen. Sensomotorischen Affekten begegnet man häufiger als primären und sekundären Emotionen. Man könnte sie sozusagen mit dem Stamm des Affektbaums gleichsetzen und die primären und sekundären Emotionen mit den Blättern und Blüten. Jedoch hat man die sensomotorischen Affektzustände in der Psychotherapie immer vernachlässigt, da die Psychotherapeuten dem, was im Körper ihrer Klienten vorging, historisch wenig Beachtung schenkten.
Sensomotorische Emotionen erfordern, dass beim Beobachten des Zustands, in dem der Körper gerade ist, immer die Verbindung mit der jeweiligen Situation hergestellt wird. Minutiös Empfindungen im Körper zu verfolgen, ohne zu berücksichtigen, was diese bedeuten (was sich wiederum aus den sensomotorischen Emotionen erschließt) heißt, wichtige und im Grunde häufiger anzutreffende Seiten des emotionalen Erlebens zu vernachlässigen. Dass die sensomotorischen Emotionen dabei abhandenkommen, ist noch wahrscheinlicher als dass die primären oder sekundären Emotionen zunichte gemacht werden, da Letztere immerhin in der Therapie besser verstanden und beachtet werden. Und dass sensomotorische Emotionen unter den Tisch fallen, bedeutet nicht nur, dass ein wichtiger Aspekt einer jeden emotionalen Erfahrung verloren geht (im Grunde ihre Basis oder ihr Stamm), sondern birgt zudem das Risiko, dass auch primäre und sekundäre Emotionen abhandenkommen.
Zudem kann das detaillierte Nachspüren körperlicher Empfindungen sich im Laufe der Zeit verselbständigen und zu einem Automatismus werden, der jede Emotion, vor allem, wenn sie unangenehm ist, im Keim erstickt. Mehr noch als das: ein minutiöses Beobachten dieser Art kann sogar zum erlernten Abwehrmechanismus gegen Emotionen werden, wie man es bei Verfahren feststellen kann, die dies bei der Arbeit mit dem Körper als primäres Werkzeug einsetzen. Dies gilt übrigens auch für andere Tools, die zur Regulierung des Körpers genutzt werden, etwa die Suche nach Stellen im Körper, die sich ‚gut‘ anfühlen, um üble Erfahrungen anderenorts abzufedern. Tatsache ist, dass jedes Tool für die Arbeit mit den Körper, etwa Berührung, Atmung, das Einströmen von Energie in den Körper und das Ausströmen von Energie aus dem Körper heraus, willkürliche oder unwillkürliche Bewegungen sowie positive Bilder oder Erinnerungen die gleiche Wirkung hat, wenn es mit der Absicht eingesetzt wird, das physiologische System herunter zu regulieren.
Leider scheint die Psychologie zunehmend fest im Griff der psychiatrischen Sicht, die Lösung psychologischer Probleme läge primär in der physiologischen Regulierung. Aufgrund dieser Entwicklung werden auch Tools wie das detaillierte Beobachten von Körperempfindungen vorzugsweise zur Regulierung (vor allem zum Herunterregulieren) eingesetzt und weniger zu anderen Zwecken (wie Auflösen von Abwehrmechanismen, Zugänglichmachen und Unterstützen unbewusster Inhalte und Entwicklung der Fähigkeit, mit dem Auf und Ab des Lebens umzugehen, Auflösung akuter Symptome sowie auf längere Sicht Ausbau der Resilienz).
2. Die Lösung
2.1 Wie hängen Emotionen, der Körper und psychophysiologische Symptome zusammen?
Überwältigende Emotionen können bewirken, dass der Körper seine Funktionen drosselt, was physische, kognitive, affektive, verhaltensbezogene, beziehungsmäßige und spirituelle Symptome nach sich ziehen kann. Sie können Stress und Dysregulation des Körpers zudem soweit überhand nehmen lassen, dass psychophysiologische (psychosomatische) Symptome auftreten. Besonders trifft dies auf unangenehme Emotionen zu, die ja ihrem Wesen nach Dysregulations- und Stresszustände sind. Oft bewirkt genau das Unvermögen, unangenehme Emotionen zuzulassen bzw. auszuhalten, dass der Körper abschaltet oder Stress und Dysregulation in ihm zunehmen und psychosomatische (psychophysiologische) Symptome entstehen, bis hin zu schweren Krankheitsbildern wie Chronic Fatigue und Fibromyalgie. Nach Schätzung des US-Verbands für psychophysiologische Störungen (Psychophysiologic Disorders Association) sind sage und schreibe zwei Drittel der Symptome, aufgrund derer Menschen sich in medizinische Behandlung begeben, psychologischen Ursprungs.
Psychologisch betrachtet ist die Fähigkeit, eine Emotion zu erleben und zuzulassen das, was deren Heilung ermöglicht. Erst wenn man an den Punkt gelangt, den Liebeskummer, der wie ein Stich ins Herz ist, als eine Erfahrung zu begreifen, die man durchmachen und irgendwann hinter sich haben kann, wird es möglich, sich ein offenes Herz zu bewahren und sich zukünftig sogar noch tiefer auf andere einzulassen. Erst wenn man eine Emotion zulässt, verweilt man lange genug bei den in ihr enthaltenen Informationen, um sie kognitiv und auf der Verhaltensebene zu verarbeiten. Ansonsten würde man vielleicht vorschnell darauf zurückgreifen, dem Ganzen einen bestimmten Sinn zu unterstellen oder verhaltensmäßig auszuagieren, um sich vor den Emotionen zu schützen.
Das Grundproblem in der Psychotherapie, Psychoneuroimmunologie und Psychopathologie ist fehlende Affekttoleranz. (Stolorow et al., 1996; Pert, 2001). Der Faktor, der mehr als alles andere darüber entscheidet, wie die Versuche einer Person ausgehen, Trennung, Abgrenzung und Individuation zu vollziehen und inwieweit sie in der Lage ist, zu anderen und den kollektiven Ebenen der Psyche in Beziehung zu treten, ist die Fähigkeit, Gegensätzliches in der eigenen Erfahrungswelt auszuhalten (Jung, 2001). Die Fähigkeit zu persönlichem wie auch spirituellem Wachstum wird durch das Unvermögen begrenzt, Gegensätze im Erlebten zuzulassen. (Dayananda, 2002). Und was eine psychologische Erfahrung welcher Art auch immer unerträglich macht, sind die Emotionen, die mit ihr verbunden sind.
2.2 Wie lässt sich der Körper als Bezugsrahmen für Emotionen und für den Aufbau von Affekttoleranz nutzen?
Das Erleben einer Emotion kann physiologisch potenziell die Gesamtheit des Gehirns und Körpers umfassen (Damasio, 2004; Pert, 2001). Vor diesem Hintergrund kann der ganze Körper als Container, als ‚Gefäß‘ dafür genutzt werden, das Fassungsvermögen für das Erleben und Zulassen bzw. Aushalten von Emotionen für zunehmend längere Zeitzu erhöhen, damit diese Emotionen heilen können. Zudem lassen sich dadurch, dass emotionale Informationen länger zugänglich sind, mehr kognitive und verhaltensbezogene Informationen generieren.
Einige Therapieansätze und spirituelle Handlungsanleitungen empfehlen als Heilungsstrategie, so lange bei unangenehmen Erfahrungen zu ‚verweilen‘, bis sie sich ‚transformieren‘. Doch das bloße Verweilen bei einer Emotion wann immer sie sich im Körper zeigt führt nicht unbedingt zu mehr von dieser Emotion oder zu einer größeren Fähigkeit, sich ihr zu stellen. De facto kann es für den Körper nur noch mehr Stress und Dysregulation bedeuten und psychophysiologische Symptome hervorrufen. So zum Beispiel kann jemand davon, bei Trauer oder seelischem Kummer lediglich bei den Symptomen in der Herz-Lungen-Region (wo diese oft zuerst auftreten), zu ‚verweilen‘, Symptome im Bereich der Atemwege oder kardiovaskulärer Art entwickeln. Um derartigen Risiken aus dem Weg zu gehen, muss man wissen, wie sich die Emotion im Körper verstärken, vertiefen und weiter ausdehnen lässt und wie man den Körper dabei so regulieren kann, dass er durch die Emotion nicht zu sehr in der Regulation gestört wird und gleichzeitig auch nicht so stark reguliert wird, dass die Emotion gar nicht mehr existiert.
2.3 Was braucht eine wirksamere Arbeit mit Emotionen, Kognitionen und Verhaltensweisen über den Körper?
Gefragt ist eine Arbeit mit Emotionen im Körper. Emotionen müssen innerlich sowie (was noch wichtiger ist) von außen psychologisch unterstützt werden, während die Arbeit am Körper auf diese Emotionen abgestellt wird. Die Arbeit mit dem Körper während einer emotionalen Erfahrung muss imstande sein, die körperliche Abwehr von Emotionen aufzulösen und die Emotionen leichter für eine Verarbeitung zugänglich zu machen. Außerdem muss sie den extremen Stress- und Dysregulationspegel im Körper dahingehend bewältigen, dass die emotionale Erfahrung besser zu ertragen ist. Gleichzeitig muss sie sicherstellen, dass der Körper nicht im Übermaß reguliert wird, damit sich nicht genau die emotionale Erfahrung in Luft auflöst, um die es bei der Arbeit geht. Mittel wie das detaillierte Beobachten von Körperempfindungen, die tendenziell schnell eine physiologische Regulierung bewirken, sind entweder zu meiden oder sehr mit Bedacht einzusetzen, so dass sie bei der Arbeit an Emotionen nicht ihren Zweck verfehlen.
Im Sinne einer effektiven Arbeit mit Emotionen über den Körper muss man außerdem verstehen, wie Emotionen in den einzelnen Körperschichten (Muskel-, Organ- und Nervensystem) hervorgerufen und abgewehrt werden; wie Emotionen mit Kognitionen und Verhaltensweisen zusammenhängen und was im Prozess und Körper einer Person geschehen muss, damit Emotionen heilen und darüber hinaus bei der Ausbildung entsprechender Kognitionen und Verhaltensweisen von Nutzen sind.
2.4 Was haben Emotionen mit Kognitionen und Verhalten zu tun?
Mit der Zugänglichkeit von Emotionen kommt es zu Verbesserungen auf der Verhaltensebene. Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die Zugang zu Emotionen haben, nicht nur in der Lage sind, mehr brauchbare Verhaltensalternativen zu generieren, sondern dass es ihnen auch besser gelingt, die bestmögliche Vorgehensweise zu wählen, um mit einer Situation zurecht zu kommen (Damasio, 1994).
Was Untersuchungen ebenfalls gezeigt haben ist, dass die Verkörperung von Emotionen, definiert als physiologische Ausdehnung der Emotion auf ein größeres Körperareal, die Kognitionen der Person im Hinblick auf eine Situation verbessert (Niedenthal, 2007). Mit anderen Worten, ein Mensch mit Emotionen ist besser in der Lage, die Emotion zu benennen und sie in einem Sinnzusammenhang einzuordnen, indem er sie mit dem entsprechenden Kontext verknüpft.
Langzeitstudien in Großbritannien haben gezeigt, dass Kinder, die besser mit Emotionen umgehen können, im Erwachsenenalter besser zurechtkommen, und zwar nicht nur in ihrem Privatleben, sondern auch
2.5 Wie kann Integrale Somatische Psychologie (ISP) bei der Arbeit mit Emotionen, Kognitionen und Verhaltensweisen helfen?
Die Integrale Somatische Psychologie (ISP) basiert auf der Affekttheorie und Wissenschaftsgebieten wie der Emotionsphysiologie und der Regulationsphysiologie sowie auf Prinzipien der Energiepsychologie. ISP zeigt eine komplementäre Herangehensweise an die Arbeit mit Emotionen auf, bei der der Körper zum Container für die Verbesserung kognitiver, emotionaler und verhaltensbezogener Ergebnisse wird, und zwar bei jedem Therapieverfahren.
Die zentrale Strategie im Rahmen von ISP ist die Verkörperung emotionaler Erfahrungen. Und statt sich hierbei auf ein komplexeres Hilfsmittel wie ein detailliertes Beobachten körperlicher Empfindungen mit allen hiermit verbundenen Problemen zu stützen, nutzt ISP simplere Tools wie Selbstberührung des Klienten, Atmung und willkürliche Bewegungen, die sich auf beiden Seiten (der des Therapeuten und des Klienten) leichter an verschiedene Therapiekontexte anpassen lassen.
2.6 wie wird die Verkörperung von Emotionen in der Integralen Somatischen Psychologie (ISP) definiert?
In dem von der Integralen Somatischen Psychologie (ISP) vorgeschlagenen Ansatz werden die Fähigkeit, verschiedene Emotionen (primäre, sekundäre und sensomotorische) über möglichst weite Körperareale verteilt zu erfahren und die Fähigkeit, sie möglichst lange zulassen und aushalten zu können als die beiden wichtigsten Aspekte bei der Verkörperung von Emotionen verstanden (hinzu kommt als dritter bzw. vierter Aspekt noch die Fähigkeit, diese Emotionen einzuordnen und die Fähigkeit, sie auszudrücken). Emotionen weiter im Körper zu verteilen und sich ihnen gezielt im Körper auszusetzen, ist ein Element, das sogar in den herkömmlichen körperorientierten Reichianischen und Neoreichianischen Psychotherapieansätzen fehlt. Nähere Einzelheiten zu Theorie und Praxis dieses effektiven komplementären Ansatzes und dem hierbei stattfindenden Paradigmenwechsel findet sich unter integralsomaticpsychology.com.
Deutsche Übersetzung: Silvia Autenrieth
Literatur
Damasio, A. (2004). Decartes‘ Irrtum: Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn. Berlin: List Taschenbuch.
Damasio, A. (2004). Der Spinoza-Effekt: Wie Gefühle unser Erleben bestimmen. Berlin: List Taschenbuch.
Dayananda, S. (2002). The teaching of the Bhagvad Gita. New Delhi: Vision Books.
Jung, C. G. (2001). Die Struktur und Dynamik des Selbst. Aion – Beiträge zur Symbolik des Selbst. Gesammelte Werke Bd. 9, Halbbd. 2, Düsseldorf: Walter-Verlag.
Pert, C. (2001). Moleküle der Gefühle: Körper, Geist und Emotionen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Niedenthal, P. (2007). Embodying emotion. Science (316), 1002-1005.
Sapolsky, R. M. (1998). Warum Zebras keine Migräne kriegen: Wie Stress den Menschen krank macht. München: Piper.
Stolorow, R., Brandchaft, B. & Atwood, G. E. (1996). Psychoanalytische Behandlung: Ein intersubjektiver Ansatz. Frankfurt: Fischer Geist und Psyche.